Männer altern anders

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Darüber besteht nach dem Lesen des gleichnamigen Buches von Eckart Hammer (Mabuse-Verlag) kein Zweifel. Männer altern eigenartig. Frauen natürlich auch. Hammer zitiert zwei Wissenschaftler (Heidrun Bründel, Klaus Hurrelmann), die ihre Erkenntnis mit „Mannsein ist eine hochriskante Lebensform und besteht aus Leistung, Härte und Distanz sich selbst gegenüber.“ auf den Punkt bringen. Ich setze beim Lesen sofort ein Fragezeichen hinter diese These, keinen Punkt. Leistung, Härte und eine gewisse Distanz zu sich selbst ist doch das, was vielen Jüngeren heute fehlt, die sich um sich selbst drehen, sich mit Befindlichkeiten beschäftigen und in Stress kommen, wenn es nicht so ganz stimmt für sie. Sind es nicht gerade diese Qualitäten, die uns Babyboomer-Männer gut gerüstet in die dritte Lebensphase gehen lassen?

Diese positive Sicht ist wahrscheinlich nicht ganz falsch. Aber es gibt hinter derartiger Stärke auch Problemzonen. Wir haben gelernt, uns in harten Momenten nicht viel anmerken zu lassen. Wir haben uns Ignoranz gegenüber uns selbst antrainiert. Ein richtiger Mann war man in der Schweiz früher sprichwörtlich erst nach der Rekrutenschule (Militärdienst). Wenn man uns Männer heute fragt, wie es uns geht, können wir es oft nicht wirklich sagen. Wir reden lieber über unsere Arbeit, Hobbies und die anderen. Wenn sich bei uns körperlich oder innerlich (seelisch) etwas störend bemerkbar macht, leugnen wir es erstmal und wollen es nicht wahrhaben; zumindest ist es bei vielen von uns so, wenn man den Klagen vieler Frauen Glauben schenkt. Und Eckart Hammer, selbst ein Mann und mannhaft geprägt, sagt:Je höher das Lebensalter, desto größer die Gefahr der Isolation für den Mann.“  Es reicht.

Frauen haben es leichter, älter zu werden.

Soll ich jetzt den Punkt hinter dieser These belassen oder ihn doch durch ein Fragezeichen ersetzen? Ich bin ein Mann. Der Punkt scheint mir angemessen. Ist es nicht so: das Prädikat „alt“ kriegen wir Männer verpasst, wenn wir in Rente gehen? Viele von uns trifft es hart, ihren Berufsstatus zu verlieren, nicht mehr gebraucht zu werden, nirgends mehr dazu zu gehören, ohne Bestätigung und Konkurrenz zu sein. Das Berufsende katapultiert uns in eine neue, befremdende Lebensphase.  Frauen wirft es an diesem Übergang offensichtlich viel seltener aus der Bahn. Und es gibt auch eine Erklärung dafür: Für Frauen ist das Berufsende eine von mehreren existenziellen Veränderungen, die sie im Leben bisher bewältigen mussten. Sie haben Kinder zur Welt gebracht, ihren Beruf vorübergehend verlassen, sind wieder eingestiegen, haben des Auszug der Kinder aus dem Haus verkraftet und in den Wechseljahren ihre Frau gestanden. Frauen haben schlicht mehr Erfahrung mit existenziellen Veränderungen und deshalb Kompetenzen entwickelt, die ihnen jetzt zugutekommen. So ist es.

Frauen müssen jünger wirken als sie sind, um attraktiv zu sein!

Das ist auch eine gängige These. Es ist allerdings eher eine Frauenklage, denn eine These. Und wir Männer seien mitschuldig, wird gemunkelt. Jetzt wird’s heikel. Ich bin ein Mann und der Text ist schon lang. Ich mache deshalb hier einen Punkt.

René Winkler

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